LANDSCHAFTSTRAUM

Freitag, 13. Mai 2011
3. Branchentag Windenergie NRW 2011 in Essen
Am Dienstag, den 10.05.2011 fand in Essen der 3. Branchentag Windenergie NRW statt. Unter dem Vorzeichen der geplanten Novelle zur Windenergie in NRW (Inkrafttreten voraussichtlich im Sommer 2011) war eine gewisse Euphorie nicht zu übersehen und es gab bei den Vorträgen, Diskussionen und in Einzelgesprächen regen Austausch über die Möglichkeiten des Ausbaues von Windenergie in NRW.

In seinem Vortrag über den "Zukunftskreis Steinfurt - energieautark 2050" stellte Dipl-Ing. Ulrich Ahlke ein sehr ambitionierte Leitbild vor, dass landkreisweit mittels verschiedener Klimaschutzprojekte durch Agenda 21-Büros umgesetzt wird.
Als Potentiale im Klimaschutz wurden dabei unter anderem "nicht verbrauchte Wärme" (Platz 1) und Windenergie (Platz 2) genannt. Begründet wurden die Platzverweise von Photovoltaik (technologiebedingt) und Biomasse (Flächenkonkurrenz zur Lebensmittelproduktion) damit, dass diese jeweils nur ca. 25 % der potentiellen Energieausbeute von Windkraft erreichen können.
Demnach ist die bilanzielle Energieautarkie ohne den Ausbau der Windenergie nicht möglich. Die Akzeptanz der Bevölkerung dafür zu gewinnen, ist ein wesentlicher Punkt dabei. Wesentliche Vorteile sieht Herr Ahlke in der Stärkung des ländlichen Raumes (Erzeugung der Energie und gleichzeitig Rückfluss des Verkaufserlös in die Region) und der Demokratisierung der Energieerzeugung durch Beteiligung.

Neben den vielen Ideen blieben bei mir aber auch noch wesentliche Fragen offen. Das betrifft besonders den Eingriff ins Landschaftsbild, der von vielen Menschen als störend empfunden wird und damit ein erhebliches Akzeptanzproblem darstellt.
Da dieser Eingriff kein ökologisches Schutzgut betrifft, sondern die rein ästhetische Größenordnung des Landschaftsbildes berührt, stellt sich mir die Frage, ob die bisherige Verfahrensweise nach Nohl in Zukunft weiterhin tragfähig ist.
Denn der Ausbau der Windenergie beschreitet ja jetzt auch neue Wege. Es werden jetzt Standort im Wald möglich, was im Klartext "über dem Wald" heißt. Und die neuen Anlagen sind um 80 m höher als die alten Anlagen. Das Prinzip des Repowering bedeute aber auch, dass diese neuen Anlagen durch die moderne Technik und die größere Höhenauslegung wesentlich leistungsfähiger sind. Dipl.-Ing. Egbert Terholsen (ENERCON GmbH) legte dazu in seinem Vortrag dar, dass sechs alte Anlagen (Höhe um die 100 m) durch eine neuartige Windkraftanlage mit einer Höhe 186 m und einer wesentlich langsameren Rotorbewegung ersetzt werden können.

Das kann optisch schon eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes bewirken, wenn es denn bei dieser einen Anlage bleibt. Was aber nicht zu erwarten ist, denn es geht hier um eine grundsätzliche Unstrukturierung unserer Infrastruktur zur Energieerzeugung. Es geht auch um den Weg "weg von der Kernkraft" und den Kohlekraftwerken, angesichts der Gefahren von Kernschmelze und Klimawandel.

Mein Fazit:
Der Eingriff in den Naturhaushalt (durch Erschließungsstraße und Standortplattform) ist relativ gering und durch die gängige Eingriffs-/Ausgleichspraxis zu kompensieren.

Der Eingriff auf die Menschen (Schattenwurf, Lärm, Befeuerung etc.) lässt sich durch entsprechende technische Ausstattung bzw. Regelung und Abständen vermeiden oder zumindest vermindern.

Der Eingriff ins Landschaftsbild ist nicht mehr kompensierbar. Es geht hierbei um eine ästhetisch-gestalterische Dimension und sollte deshalb auch mit gestalterischen und akzeptanz-fördernden Maßnahmen vermindert werden. Die bisherige naturschutzrechtliche Ausgleichspraxis für das Landschaftsbild halte ich für überholt. Es gilt gestalterische (auch künstlerische) Grundsätze für die Ausgestaltung von Windenergieanlagen in der Landschaft zu entwickeln, die das ästhetischen Empfinden von Menschen und die optische Wirkung im Landschaftsbild berücksichtigt. Zusätzlich sollten akzeptanz-fördernde Maßnahmen, wie z.B. Bürgerbeteiligungen, im Genehmigungsverfahren ermittelt und auferlegt werden.

Ich hoffe und erwarte eine rege Diskussion zu diese Fragestellung bei den Kollegen in der Landschaftsplanung und in der Öffentlichkeit.

... comment